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Mit Hacke und Schaufel 70 Kilometer Autobahn gebaut

Heimatverein erinnert mit Vortrag an die Fertigstellung der „Reichsautobahn“ in den Dreißiger Jahren / Rund 2200 Arbeiter beteiligt

(Aus Achimer-Kurier vom 09.02.2011 von Uwe Dammann)

Bei der Spendenübergabe

Füllsand wurde per Hand in die Loren geschaufelt und dann zur Baustelle gebracht. Der Bau der Reichsautobahn wurde von Tausenden Arbeitern mit Hacke und Schaufel erledigt. Foto: Heimatverein

OYTEN • 534 Fahrzeuge pro Stunde. Hochbetrieb am Wehrmeistersee (heute Grundbergsee), Massenaufmarsch in Oyten mit Diplomaten und 1500 Autobahnarbeitern, die feierten – das waren nur einige Schlagzeilen zur Einweihung des 70,8 Kilometer langen Teilabschnitts von Sittensen bis Oyten auf der neuen Reichsautobahn Hamburg- Bremen – genau am 25. Juli 1936.
Die Autobahn, die derzeit wegen der Arbeiten für den sechsspurigen Ausbau wieder im öffentlichen Blickpunkt steht, wurde zwischen 1934 und 1937 in rund dreieinhalb Jahren in großen Teilen in Handarbeit errichtet. Dort wo heute schwere Maschinen und modernste Technik Fahrspuren erneuern, schufteten in den Dreißiger Jahren unter sengender Sonne, bei Dauerregen oder Schneefall rund 2200 Autobahnarbeiter auf diesem Abschnitt.
Mit Hacke und Schaufel ausgestattet, gruben sie große Fahrspuren in meist moorigen Untergrund und wuchteten anschließend unzählige Tonnen Erde auf Loren. Kleine Baulokomotiven transportierten den Aushub ab.
Jetzt nahm der Heimatverein Oyten den aktuellen Ausbau der A 1 zum Anlass, um an den Beginn des Autobahnbaus vor fast 80 Jahren zu erinnern. Aus diesem Grund hatte der Verein den Achimer Heimatforscher Klaus Bischoff zum Vortrag ins „Klönschnack“ eingeladen. Bischoff ist nicht nur allgemein an Geschichte interessiert, sondern hat als ehemaliger Mitarbeiter des Straßenbauamtes ein besonderes Faible für dieses Thema und sich hier besonderes Fachwissen zugelegt. Gleichzeitig verfügt der Heimatverein Oyten über zahlreiche historische Fotos vom Autobahnbau, die Hinrich Jäger zusammen gestellt hatte.
Autobahn nicht von Nazis erfunden „Es ein Märchen, dass die Nazis den Autobahnbau erfunden haben“, schickte Bischoff gleich zu Anfang seines Vortrages voraus. Bereits 1924 habe es eine Studiengesellschaft zum Autobahnausbau gegeben. 1928, also fünf Jahre vor Hitlers Machtergreifung, habe sich die Interessengesellschaft Hafraba bereits ganz konkret mit dem Bau der Autobahn Hamburg-Frankfurt- Basel befasst und dabei auch an eine Verbindungsstrecke zwischen den Hansestädten Lübeck, Hamburg und Bremen gedacht. Der erste Spatenstich für den Teilabschnitt westlich der Wümmeniederung fand am 21. März 1934 statt. Einen Tag später erfolgte dann die Verpflichtung der Autobahnarbeiter durch den NS-Kreisleiter Peper aus Fischerhude – mit dabei in „dieser historischen Stunde für Oyten“, so eine Überschrift in der Zeitung, waren viele Schulklassen, Radfahrer und Fußgänger, die zur Baustelle am Oytener Berg wanderten. Unmittelbar hinter der Scheune von Osmers Hof war ein etwa 100 Meter langer Abschnitt ausgeschachtet. Jahrelange Planungen mit umfangreicher Bürgerbeteiligung, in der Anlieger über einen Zeitraum von mehreren Wochen ihre Bedenken äußern können, waren damals im gleichgeschalteten Deutschland undenkbar. Überarbeitete Pläne mit einer neuen Verkehrsführung seien kurzfristig vom 13. März bis 19. März 1934 – also lediglich sechs Tage – im früheren Landratsamt in Achim für jedermann zur Einsicht ausgelegt worden, berichtete Bischoff.
Zwischen Oktober 1935 und Juni 1936 wurde bereits die Fahrbahndecke von Stuckenborstel bis Oyten eingebaut. Die Rohstoffe für diesen Abschnitt schafften drei Züge mit jeweils 22 Loren vom Bahnhof Ottersberg zur Baustelle heran. Für die dringend erforderliche Wasserversorgung wurde längs der Baustrecke eine Leitung verlegt, die aus der Wümme gespeist wurde. Täglich konnten so 180 Meter Autobahndecke gefertigt werden. Per Hand mussten Erdmassen bewegt, Austauschboden und Materialien eingebaut werden. Auf den historischen Fotos, die zum Großteil aus dem Nachlass von Albert Struß aus Fischerhude stammen, sind viele tatkräftige, muskelbepackte Männer zu sehen, die vollen Einsatz zeigten. Viele von ihnen kamen aus der Region. „Dat is doch Hinnerk Hasch und dat Christel Bruns“, riefen einige der älteren Besucher, wenn sie einen Bekannten aus früheren Jahren auf den Fotos erblickten. Andere Aufnahmen zeigen fertig gestellte Autobahnbrücken, die 1935 vielerorts im Rohbau schon passierbar waren. Für den Fahrbahnbeton hatten auch die Bauleute der 30er Jahre bereits große, maschinelle Fertiger zur Verfügung. Zurzeit werden viele dieser Brücken wegen dem aktuellen A 1-Ausbau abgerissen
und erneuert.
Die Arbeiter, häufig auch Bausoldaten genannt, waren in extra eingerichteten Lagern untergebracht. Im Oktober 1934 streikten in Gyhum bei Zeven 380 Arbeiter aus Berlin für mehr Lohn. Der Stundenlohn lag damals bei 50 Pfennig, der Wochenlohn betrug 24 Reichsmark. Ein Teil der Arbeiter, die trotz Zugeständnissen nicht wieder mit der Arbeit begannen, wurde unter starker Polizeibewachung in einem Sonderzug nach Berlin transportiert und dort von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen. Die Arbeiten an der Reichsautobahn gingen trotzdem zügig voran, so dass bereits im Frühsommer 1936 die Betondecke zwischen Sittensen und Oyten fertig gestellt werden konnte.
Eingeweiht wurde die Teilstrecke mit viel Brimborium. Die braunen Machthaber ließen es sich nicht nehmen, den Bau gebührend zu feiern und setzten sich damit selbst in Szene. Tausende von Zuschauern
beobachteten das Spektakel – ganz Oyten wurde zum überdimensionalen Parkplatz. Allerdings gab es einen heftigen Platzregen, der das Bild störte. Generalinspektor Dr. Todt, Dr. Ley, Leiter der Deutschen Arbeitsfront und NS-Gauleiter Telschow durchfuhren mit ihrem Dienstwagen das Zielband und setzten anschließend ihre Fahrt bis Bockel fort. Hier fand in einem großen Zeltlager ein „kameradschaftliches Beisammensein“ mit rund 1500 Autobahnarbeitern statt.

 

 

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